Europa zu Gast in Burg

„Wir merken Europa in unserer Stadt ganz deutlich“, sagte Bürgermeister Jörg Rehbaum zu Beginn des Europagesprächs in Burg am 6. Februar 2020. „Zum einen die viele Bürokratie, die bis hier hinunter wirkt. Zum anderen – und das kommt oft zu kurz – die massiven Vorteile, die wir durch Europa haben“. Jedem Landwirt ginge es durch die EU und dem damit verbundenen größeren Absatzmarkt besser. Auch profitiere die Stadt selbst von EU-Fördermitteln, ein Paradebeispiel sei ein Jugendclub, dessen Sanierung zu 92,5% aus EU-Mitteln gefördert wurde.

Als Ansprechpartner für Europafragen stellte sich an diesem Abend Nikolaus von Peter, politischer Referent der Vertretung der EU-Kommission in Deutschland, dem Publikum. Für ihn sei die Möglichkeit, direkt mit den Bürgerinnen und Bürgern ins Gespräch zu kommen ein Privileg, das den Kollegen in Brüssel leider nicht oft vergönnt sei. „Wir sehen uns hier in Deutschland als erste Anlaufstelle für die Menschen und melden deren Anliegen nach Brüssel weiter“, erklärte von Peter.

Ein erstes Anliegen in Burg war die kritische Nachfrage, ob Deutschland wirklich so stark von der EU profitiere. Der Euro beispielsweise scheine doch nicht so gut zu funktionieren, merkte ein Bürger an. Von Peter entgegnete: „Wir glauben, dass die Vorteile die Nachteile des Euro überwogen haben. Nach wie vor gibt es noch große Ungleichheiten im Euroraum. Diese Probleme zu lösen, ist nicht einfach, da muss man in sehr langen Zyklen denken“. Auch Dr. Michael Schneider, Staatssekretär für Bundes- und Europaangelegenheiten des Landes Sachsen-Anhalt, pflichtete von Peter bei, dass die Einführung des Euro Deutschland insgesamt sehr große wirtschaftliche Vorteile gebracht habe. Das Publikum war allerdings anderer Meinung. Auf Nachfrage von Moderatorin Carmen Niebergall gaben die meisten Teilnehmenden an, dass sie mit dem Währungswechsel nicht zufrieden seien.

Ein Thema, das auch in Burg bewegt, ist die extreme Bürokratie, die durch die EU entsteht. Landrat Dr. Steffen Burchhardt sah diese zum Teil allerdings als ein selbstgemachtes Problem: „Weil wir alle einen sehr großen Gerechtigkeitssinn in uns tragen und es so viele individuelle Situationen gibt, kommen immer wieder Gerechtigkeitsdiskussionen auf. Wir erschlagen diese damit, dass wir eine neue Regel machen und das System so immer komplizierter wird“. Nikolaus von Peter gab zu bedenken, dass die EU oftmals auch nationale Regeln ersetze und somit Dinge vereinfache. Gleichzeitig würden nicht leichtfertig neue EU-Gesetze erlassen, sondern es herrsche eine sehr große interne Kontrolle. „Diese Klagen von zu vielen Regeln höre ich jedes Mal, deswegen kann ich Ihnen versichern, dass das Bewusstsein dafür da ist“, so von Peter.

Dr. Michael Schneider fügte hinzu, dass der Abbau von Bürokratie bei der Vergabe von EU-Fördermitteln in den vergangenen Jahren eines seiner Hauptthemen im Ausschuss der Regionen, in dem er Mitglied ist, gewesen sei. Er versicherte, dass für die Förderperiode ab 2021 Vorschläge im Ausschuss der Regionen erarbeitet würden, die auf die massive Eindämmung der Bürokratie hinwirken würden.

Eine der letzten Fragen aus dem Publikum betraf die Schwerpunkte, die Deutschland während seiner EU-Ratspräsidentschaft ab Juli 2020 umsetzen wolle. Neben der Finanzperiode ab 2021 werden die Umsetzung der EU-Langzeitstrategie für Klimaschutz, die Sicherung der Zukunftsfähigkeit der Landwirtschaft und ländlichen Räume, die Einführung sozialer Standards sowie die stärkere Unterstützung von kleinen und mittleren Unternehmen zentrale Themen sein, so Dr. Schneider.

Die Europagespräche in Sachsen-Anhalt sind ein Projekt der Vertretung der EU-Kommission in Deutschland gemeinsam mit der Staatskanzlei und dem Ministerium für Kultur des Landes Sachsen-Anhalt, organisiert von der Europäischen Bewegung Sachsen-Anhalt e.V.

Europa ist der Rahmen, der uns zusammenhält und stark macht. Diesen Rahmen auszufüllen und zu gestalten, ist unser aller Aufgabe.

Jörg Rehbaum - Burgermeister der Stadt Burg

Europagespraeche - Bürgermeister Jörg Rehbaum