Europa zu Gast in Salzwedel
Zu Beginn des Europagespräches am 23. Januar 2020 in Salzwedel sorgte Sabine Blümel, Bürgermeisterin, für leichte Verunsicherungen bei den Teilnehmenden, als sie klarstellte: „Ich sehe mich nicht als Multiplikatorin für Europa!“
Mit dieser Aussage verband sie die Kritik, dass Europa ein zu kompliziertes Gebilde sei, kaum zu durchschauen und weit weg von der Lebenswelt des normalen Bürgers. Auf die Frage von Moderator Dr. Tino Grosche, was sie denn tun würde, wenn sie die Marketing-Abteilung der EU leiten müsste, antwortete Sabine Blümel: „Ich hätte von Anfang an eine andere Informationspolitik betrieben und neugierig auf die EU gemacht. „Als Bürgermeisterin wünsche sie sich in erster Linie mehr Informationen darüber, was die EU für die Kommune tun könne. „Ich hätte gern mehr Geld, damit Salzwedel sich so entwickeln kann, wie Salzwedel gern möchte.“, sagte Blümel und sprach sich zudem für mehr kommunale Eigenverantwortung bei der Verwendung von Fördermitteln aus.
Michael Heinke, zuständig für EU-Angelegenheiten in der Staatskanzlei und Ministerium für Kultur des Landes Sachsen-Anhalt, stimmte ihr in diesem Punkt zu: „Die Umsetzung europäischer Fördermittel sollte möglichst viel Spielraum lassen, damit auf kommunaler Ebene so viel wie möglich selbst ausgestaltet werden kann.“ Gleichzeitig räumte er ein, dass es hier noch erhebliche Defizite gebe. Auf europäischer Ebene hingegen seien die Regelungen der EU von unschätzbarem Wert, denn sie würden freies Reisen, eine einheitliche Währung und einen gemeinsamen Markt, das Arbeiten und Studieren im Ausland sowie den Schutz der Außengrenzen ermöglichen.
Bernhard Schnittger, stellvertretender Leiter der Vertretung der EU-Kommission in Deutschland, antwortete auf die Frage, warum die EU so behäbig sei und keine Einfachheit kenne: „Es ist nichts Schlechtes an einem Kompromiss, wenn er uns zusammenhält. Das ist ja Europa. Ich glaube, unser aller Aufgabe ist es, Verständnis zu haben für die Sichtweise der anderen und im Rahmen unserer gemeinsamen Werte aufeinander zuzugehen“
Eine Problematik sei jedoch, dass der EU in einigen Bereichen die Gesetzesgrundlage fehle und sie somit politisch nahezu machtlos beziehungsweise auf den Willen der Mitgliedstaaten angewiesen sei. So etwa bei sozialen Themen wie dem Mindestlohn. Zudem sprach sich Bernhard Schnittger dafür aus, dass in der EU zukünftig in Fragen der Außenpolitik nicht mehr einstimmig, sondern nach dem Mehrheitsprinzip entschieden werden sollte. „Dann werden wir als EU auch schlagkräftiger“, war er sich sicher.
Im weiteren Verlauf der Diskussion mussten sich die Vertreterinnen und Vertreter der verschiedenen politischen Ebenen Fragen zu komplizierten Förderanträgen, den Folgen des Brexit und einer möglichen EU-Erweiterung stellen. Auch Jugendliche von Fridays for Future waren anwesend und wollten von Bernhard Schnittger wissen, wie realistisch die europäischen Klimaschutzziele für 2050 seien. Er gab sich zuversichtlich, jedoch nicht ohne darauf hinzuweisen, dass die Einhaltung des Plans mit großen Kosten und Anstrengungen für die EU und alle Mitgliedstaaten verbunden sei.
Die Europagespräche in Sachsen-Anhalt sind ein Projekt der Vertretung der EU-Kommission in Deutschland gemeinsam mit der Staatskanzlei und dem Ministerium für Kultur des Landes Sachsen-Anhalt, organisiert von der Europäischen Bewegung Sachsen-Anhalt e.V.
Die für uns selbstverständlichen Dinge wie Frieden und Reisefreiheit, aber auch kultureller Austausch und Wissenstransfer, sind durch EU ermöglicht und gesichert.
Sabine Blümel - Bürgermeisterin der Stadt Salzwedel